Ein Ruf nach Kriegsschweigen
(Kurzgeschichte)
Es ist der Lärm, der ihn zuerst erwachen lässt. Ein ohrenbetäubender Donner hallt durch die Luft, gefolgt von dem Klirren von Metall und dem Einstürzen von Beton. Als er die Augen öffnet, findet er sich unter Trümmern wieder, sein Körper eingeklemmt und unfähig, sich zu bewegen.
*
Im ersten Moment ist alles nur Dunkelheit und Stille. Doch als er seine Augen kurzzeitig schließt und sie dann erneut öffnet, befindet er sich an einem anderen Ort. Doch ihm ist nicht Unbehagen. Im Gegenteil. Eine friedliche Landschaft umgibt ihn, voller Blumen und sanfter Brisen. Vor ihm stehen Menschen, die er kennt – Freunde, Familie, sogar jene, die er im Krieg verloren hat. Seine Eltern kommen auf ihn zu, lächeln ihn an und umarmen ihn.
"Ich verstehe nicht, was hier passiert. Was ist geschehen?", fragt er seine Eltern.
"Mein Liebling, du bist an einem Ort jenseits der Realität. Wir sind hier, um dir zu sagen, wie stolz wir auf dich sind."
"Wieso seid ihr auf mich stolz?", fragt er.
"Du warst immer ein Kämpfer, unser Tapferster. Deine Entschlossenheit, anderen zu helfen, hat uns immer zutiefst berührt."
"Aber ich konnte nicht genug tun, ich konnte den Krieg nicht aufhalten. Ich habe immer wieder versucht, mein Umfeld davor zu warnen. Niemand hörte. Ich habe versagt. Ich bin Schuld", resümiert er niedergeschlagen.
"Mein Schatz, du hast mehr getan, als du jemals wissen wirst. Dein Mut und deine Menschlichkeit haben das Leben vieler Menschen berührt. Wir sind so stolz auf dich. Du hast dein Bestes gegeben, das ist alles, was wir uns je gewünscht haben. Ruhe in Frieden, unser tapferer Sohn."
Die Zeit scheint still zu stehen. Doch irgendwann spürt er ein Ziehen, eine seltsame Anziehungskraft, die ihn zurück in die Dunkelheit zieht.
Plötzlich steht ein Freund neben ihn und spricht ihn freundlich an:
"Hey, Kumpel, du siehst gut aus. Ich weiß, dass du immer für andere da warst, egal was passiert ist."
"Ich habe einfach getan, was ich konnte. Es war mir wichtig, zu helfen, auch wenn ich dabei viele Fehler gemacht habe", antwortet er.
"Du hast mehr getan, als du denkst. Deine Großzügigkeit und deine Bereitschaft, anderen zu helfen, haben so viele Leben positiv beeinflusst."
"Es tut mir leid, dass ich nicht mehr tun konnte", resümiert er erneut niedergeschlagen.
"Hör zu, du hast dein Bestes gegeben. Deine Opferbereitschaft und dein Mitgefühl haben mich und viele andere inspiriert. Ich danke dir dafür, dass du immer da warst, auch wenn es bedeutet hat, für dich selbst zurückzustecken."
"Danke, mein Freund. Es bedeutet mir viel, das zu hören", lächelt er.
"Ruhe in Frieden, und ich werde deine Lehren über Menschlichkeit und Großzügigkeit weitertragen", spricht sein Freund.
Als er die Augen erneut öffnet, sieht er das Licht der Realität durch die Trümmer schimmern. Er weiß, dass er diesen Ort verlassen muss.
*
Mit letzten Kräften ruft er nach Hilfe, doch seine Stimme verhallt ungehört. Seine Gedanken kehren zu den Gesprächen zurück, zu den Menschen, die er dort getroffen hat. Sein Herz fühlt sich schwer an.
Ein Gefühl der Trauer erfüllt ihn, aber gleichzeitig auch eine unerklärliche Ruhe. Doch während er seinen Frieden findet, spürte er auch eine Botschaft, die er der Welt hinterlassen will.
„Krieg ist keine Lösung“, flüstert er in Gedanken. „Gewalt kann niemals Gewalt vernichten.“
*
Die Erinnerung an die Gespräche in dieser friedlichen Umgebung lässt ihn erkennen, dass der Weg zum Frieden nicht über Zerstörung und Gewalt führen kann. Er wünscht sich, dass die Welt erkennt, dass Krieg nur Leid und Verlust bringt, dass Rüstung und Gewalt vermieden werden müssen, um wahre Harmonie und Frieden zu erreichen.
*
Mit diesen Gedanken verblasst seine Wahrnehmung der Welt um ihn herum und er schließt seine Augen zum letzten Mal, in der Hoffnung, dass seine Botschaft weiterlebt, auch wenn er es in Kürze nicht mehr wird.
ENDE