Die Nebel-Trilogie ist eine schonungslose Gesellschaftskritik. Ob Links, Rechts, Mann, Frau, Woke oder Anti-Woke – hier wird jeder angesprochen.
Bist du selbstreflektiert genug, um diese Geschichte(n) zu verstehen und dich darin wiederzuerkennen?
Das Schwarze Nichts:
Eine Stadt im Schatten der Dunkelheit (Nebel-Trilogie Teil 2*)
(Kurzgeschichte)
In einem fernen Land, umgeben von dichten Wäldern und hohen Bergen, liegt die Stadt Luminar, einst ein Ort des Friedens und des Wohlstands. Die Bewohner von Luminar sind für ihren Fleiß, ihre Gastfreundschaft und ihre harmonische Gemeinschaft bekannt. Doch eines Tages beginnt sich eine seltsame und unheimliche Präsenz über die Stadt zu legen – das Schwarze Nichts.
Zunächst ist es nur ein Nebel und verwandelt sich irgendwann in das Schwarze Nichts. Kaum wahrnehmbar. Ein dunkler Schatten, der in den Ecken der Straßen lauerte, eine flüchtige Präsenz, die man nur aus dem Augenwinkel zu sehen scheint. Die Bewohner nehmen es als seltsame Wettererscheinung hin, eine Laune der Natur, die bald wieder verschwinden wird. Doch das Schwarze Nichts bleibt und breitete sich aus, langsam und unaufhaltsam.
Mit jedem Tag, der vergeht, nimmt das Schwarze Nichts mehr von der Stadt ein. Es kriecht über die Pflastersteine der Straßen, die Wände der Häuser hinauf und durch die Fenster hindurch. Es füllt die Räume, in denen Menschen leben oder arbeiten und nimmt ihnen langsam und unbemerkt die Freude und das Licht. Die Veränderungen sind subtil, aber spürbar. Die einst fröhlichen und offenen Bewohner von Luminar beginnen sich allmählich zu verändern.
*
Misstrauen setzt ein. Freunde und Nachbarn, die einander ein Leben lang kennen, sehen sich nun mit Argwohn an. Man tuschelt und meidet sich. Jeder mit der ständigen Meinung, dass er selbst mit seinen Ansichten richtig liegt und der andere nicht. Denn das Schwarze Nichts, so flüstern einige, wäre nicht gefährlich. Es ist nur eine Einbildung, ein Hirngespinst und diejenigen, die behaupteten, es wäre gefährlich, wurden ausgelacht, diskreditiert und diffamiert.
Diejenigen, die das Schwarzen Nichts kritisch sehen, die es wagen, gegen die schleichende Dunkelheit anzukämpfen, finden sich bald im Visier des wütenden Mobs. Es ist leichter, die Schuld bei anderen zu suchen als die eigene Blindheit und Gleichgültigkeit zu hinterfragen. Man jagt die Andersdenkenden, quält und ächtet sie aus der Gemeinschaft. Ihre Rufe und Warnungen verhallen ungehört, übertönt von den Rufen der Masse, die fest daran glaubt, dass alles in Ordnung ist, solange man sich dem Willen der angeblichen Mehrheit beugt.
*
In der Dämmerung, als die Schatten länger werden und das Schwarze Nichts bedrohlicher wirkt, stehen zwei Männer in einer Gasse von Luminar. Steffen, ein Schlosser mit belesenem Verstand, blickt besorgt in die Dunkelheit. Ihm gegenüber steht Noha, ein Kaufmann, der in den letzten Monaten ein umtriebiger Geschäftsmann geworden ist.
"Noha, hast du es nicht bemerkt? Das Schwarze Nichts wird immer dichter," sagt Steffen leise, fast flehend. "Unsere Stadt verändert sich. Die Menschen sind nicht mehr die gleichen."
Noha lacht abwehrend und schüttelt den Kopf. "Ach, Steffen, du bist einfach zu pessimistisch. Es gibt kein Schwarzes Nichts. Das sind nur Hirngespinste. Wir müssen uns einfach weiter anstrengen und unsere Arbeit machen."
Steffen tritt einen Schritt näher und seine Stimme wird eindringlicher. "Nein, Noha. Es ist nicht nur in unseren Köpfen. Schau dich doch um! Die Leute meiden sich, sie trauen einander nicht mehr. Das Schwarze Nichts frisst alles auf."
Noha verschränkt die Arme vor der Brust und antwortet scharf: "Hör auf mit diesen Märchen, Steffen. Du machst den Leuten nur Angst. Alles ist ganz normal und Veränderungen sind immer wichtig."
Steffen's Augen blitzen vor Zorn und Verzweiflung. "Das ist nicht normal, Noha! Du siehst es einfach nicht. Du und die anderen weigert euch, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, wird es uns alle verschlingen."
Noha macht eine abwertende Geste. "Genug jetzt, Steffen. Deine Panikmache bringt uns nicht weiter. Hör auf, die Leute aufzuwiegeln. Es gibt kein Schwarzes Nichts und wenn, ist es nicht gefährlich und bringt nur längst notwendige Veränderungen mit. So kann es in unserer Stadt ja nicht weitergehen."
Das Gespräch wird lauter und bald haben sich neugierige Zuhörer um die beiden versammelt. Die Gesichter in der Menge sind ausdruckslos. Manche voller Abneigung gegenüber Steffen's Worten.
Ein Mann aus der Menge tritt hervor. "Was erzählt Steffen da? Schon wieder dieses Gerede vom Schwarzen Nichts und das es gefährlich ist? Schluss mit diesen Schauermärchen."
Eine Frau fügt hinzu: "Ja, Steffen, hör auf, uns Angst zu machen. Es gibt kein Schwarzes Nichts. Du bist nur paranoid."
Steffen versucht, sich Gehör zu verschaffen. "Bitte, hört mir zu! Ihr müsst mir glauben, bevor es zu spät ist. Wir müssen zusammenhalten und gegen das Schwarze Nichts kämpfen."
Doch die Menge wird unruhig und beginnt zu murren. Noha nutzt den Moment. "Siehst du, Steffen? Niemand will deinen Unsinn hören. Geh nach Hause und lass uns in Ruhe."
Die Menge rückt näher, ihre Gesichter nun von Wut und Abscheu verzerrt. "Raus mit ihm!", brüllt jemand. "Er ist verrückt!"
In einem Augenblick schlägt die Stimmung um. Die Menge packt Steffen, schlägt ihn und treibt ihn durch die Straßen. Er stolpert, versucht zu fliehen, doch es gibt kein Entkommen. Steine, Schüsse und Schreie begleiten ihn, als er durch die teilweise verfallenen Straßen von Luminar gejagt wird.
Am Ende des Tages liegt die Stadt still und leer. Das Schwarze Nichts hat wieder einen Schritt nach vorne gemacht - unaufhaltsam und unbarmherzig. Steffen's verzweifelte Rufe hallen noch lange durch die Gassen.
*
In dieser Atmosphäre der Angst und des Misstrauens wächst das Schwarze Nichts weiter. Es verschlingt die Gärten und Felder, die Tiere und Pflanzen, die einst die Stadt ernährt und geschmückt haben. Die Straßen, die einst von Kinderlachen und freundlichen Gesprächen erfüllt wurden, liegen nun still und verlassen. Die Häuser, in denen einst das Leben pulsierte, stehen leer.
Die wenigen, die das Schwarze Nichts noch nicht vollständig verschlungen hat, klammern sich verzweifelt an die Hoffnung, dass die anderen Mitmenschen zur Vernunft kommen. Doch es passiert nicht. Und schließlich verschwindet auch der letzte Funken Leben aus der Stadt.
Luminar ist nun vollständig vom Schwarzen Nichts eingenommen. Keine Menschen, keine Tiere, keine Pflanzen – nur das unendliche, alles verschlingende Schwarze Nichts. Es zieht weiter, auf der Suche nach neuen Orten, um sich auszubreiten. Neue Herzen, um sie zu verhärten. Neue Seelen, um sie zu verschlingen.
Und so ist die Stadt Luminar, einst ein Symbol für Licht und Leben, nun eine stille sowie leere Hülle. Ein Mahnmal für die Gefahr von blindem Gehorsam und dem unbedingten Glauben an eine angebliche benötigte Veränderung. Und der Nebel zieht unaufhörlich weiter.
ENDE
*Die Nebel-Trilogie Teil 1 sowie Teil 3 finden Sie ebenfalls gratis auf dieser Homepage.