Das Hochzeitsgeschenk

(Kurzgeschichte)

 

In einer kleinen Stadt, umgeben von malerischen Hügeln, feierte das frisch vermählte Paar Kathi und David ihre Hochzeit. Die festliche Stimmung füllte den Raum, als sie sich an den festlich geschmückten Tischen niederließen, um die Geschenke zu öffnen.

Unter den elegant verpackten Paketen lag eines ohne Absender. Neugierig öffneten sie es und fanden eine antike Schatulle. Als sie sie öffneten, sahen sie darin ein altes Tagebuch. Die ersten Seiten enthielten Liebesgedichte und romantische Einträge, die auf den ersten Blick unschuldig wirkten. Doch je weiter sie lasen, desto mehr wurde klar, dass die Geschichten in diesem Tagebuch nicht nur fiktiv waren. 

Es schien, als ob jemand ihre Leben, ihre intimsten Momente, genau beobachtet und aufgezeichnet hatte. Die Atmosphäre im Raum wurde gespenstisch.

Mit jedem Wort, das sie lasen, fühlten sie, wie sich eine unheimliche Präsenz in ihre Beziehung drängte. Misstrauen und Unsicherheit nisteten sich in ihren Herzen ein.

Der Inhalt des Tagebuchs schien eine dunkle Macht freizusetzen, die ihre Liebe langsam aber sicher vergiftete.

 

"In den schattigen Winkeln eurer Liebe verbergen sich die düsteren Noten, die das Lied eurer Zukunft begleiten werden. Jeder Kuss ist ein Pakt, jede Umarmung ein Gefängnis. Ihr könnt fliehen, aber die Schatten eurer eigenen Geschichten werden euch immer einholen."

 

In den folgenden Monaten nach dem Lesen des mysteriösen Tagebuchs begannen Kathi und David unbemerkt von einer unsichtbaren Last erdrückt zu werden. Jeder Blick, den sie austauschten, schien nun von latentem Misstrauen begleitet zu sein.

Einmal entdeckte Kathi David dabei, wie er das Tagebuch heimlich durchblätterte und seine Augen von einem seltsamen Glanz erfüllt waren. In dem Buch schien eine unsichtbare Kraft zu liegen, die ihre Gefühle manipulierte. Sie begannen, die poetischen Zeilen des Tagebuchs als Vorahnungen zu betrachten, die sich langsam in ihrem Alltag manifestierten.

In einem schicksalhaften Streit, der von der Dunkelheit des Tagebuchs inspiriert schien, wurden alte Wunden aufgerissen. Jedes unbedachte Wort fand eine Resonanz in den düsteren Versen und ihre Liebe wurde von einem unsichtbaren Riss durchzogen. Die Lächeln, die einst ihre Gesichter schmückten, verblassten zu einem Schatten ihrer vergangenen Freude und wurde zu einer hässlichen Fratze.

Die Zeit verstrich in angespannter Stille, bis Kathi den Mut fasste, die brodelnde Unruhe anzusprechen. "David, wir können so nicht weitermachen. Jeder Tag fühlt sich an wie ein Kampf, als ob wir in einem Albtraum gefangen sind."

David hob den Blick von dem Tagebuch, das nicht mehr die romantischen Zeilen enthielt, die sie einst gemeinsam gelesen hatten. "Du denkst also auch, es liegt an uns?"

"Es liegt nicht an uns, es liegt an diesem verfluchten Geschenk!" Kathi zeigte auf das Tagebuch. "Diese Worte haben sich in unsere Köpfe geschlichen und uns vergiftet. Wir müssen es loswerden."

"Loswerden? Das ist naiv, Kathi. Dieses Tagebuch hat die Wahrheit offenbart, die wir sonst vielleicht nie gesehen hätten. Du kannst nicht einfach die Augen vor unserer Realität verschließen."

"Realität? Das ist keine Realität, David! Das ist eine verdrehte Version unserer Liebe, geschrieben von einem feigen Unbekannten. Wir waren glücklich, bevor dieses Ding in unserem Leben auftauchte."

David stand auf, seine Augen funkelten vor Wut. "Glücklich? Du denkst, wir waren glücklich? Dieses Tagebuch hat uns die Augen geöffnet und uns die Schatten gezeigt, die wir verdrängt haben. Du kannst nicht einfach zurückgehen und so tun, als wäre nichts passiert!"

"Vielleicht ist das der Punkt, David! Vielleicht müssen wir vergessen, was in diesem verdammten Buch steht und uns auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist – unsere Liebe!"

"Vielleicht hat unsere Liebe nie existiert und war von Anfang an eine Lüge ..."

Und auf einmal war Stille. Die Worte hingen in der Luft, während die Spannung zwischen ihnen wuchs. Der Raum schien von unsichtbaren Fäden durchzogen zu sein, die ihre Herzen fest umklammerten. Der Streit, inspiriert von den düsteren Versen des Tagebuchs, goss weiteres Gift in ihre zerrüttete Beziehung und das Band, das einst ihre Liebe verband, drohte endgültig zu reißen

 

"In den Spiegeln eurer Zuneigung sehe ich die Risse, die sich unaufhaltsam ausbreiten. Hinter den Lächeln verbergen sich Abgründe, die eure Seelen verschlingen werden. Das, was ihr für Liebe haltet, ist nur der Schatten einer ungeschriebenen Tragödie."

 

Die einst leidenschaftlichen Liebenden wurden zu Fremden im eigenen Haus. Misstrauen goss sich wie Gift in ihre Gespräche und jede Geste wurde von unsichtbaren Fäden manipuliert, die sie weiter auseinander zogen. Selbst die versöhnlichen Versuche endeten in bitteren Enttäuschungen und ihre Herzen wurden von der Dunkelheit des Tagebuchs umklammert.

Die Suche nach dem Absender des mysteriösen Geschenks blieb erfolglos. Das Tagebuch schien ohne Herkunft zu sein und die Schatten seiner Geschichten verfolgten das Paar in der folgenden Zeit. Misserfolge und Streitigkeiten häuften sich, bis ihre einst glückliche Ehe in Trümmern lag.

Am Ende erkannten Kathi und David, dass dieses Geschenk nicht nur aus Papier und Tinte bestand. Es war ein Schatten, der in ihre Welt geschlichen war und ihre Liebe zerstört hatte. Es war ihre Geschichte.

 

"Die unsichtbaren Fäden des Schicksals weben sich durch eure Hände, während ihr glaubt, euer Glück zu formen. Doch in den Falten eurer Freude lauert das Unheil, bereit, sich zu entfalten und eure Liebe zu verschlingen."

 

Schließlich, erschöpft von den endlosen Kämpfen, gaben sie auf. Die Schatulle mit dem Tagebuch wurde in eine vergessene Ecke verbannt, aber die Narben ihrer Seelen blieben. Kathi und David, einst vereint in Liebe, wandelten fortan in den Schatten ihrer eigenen Geschichte, die das Geschenk eines unbekannten Absenders enthielt - ein Geschenk, das ihre Liebe für immer entweihte.

Eine Liebe, die vielleicht nie wirklich existiert hatte.

 

ENDE